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Marbacher Pädagogik

Marbacher Pädagogik eröffnet Perspektiven – Grafik eines Schulkindes

Der Begriff Marbacher Pädagogik wird als Bezeichnung für vielfältige und transdiziplinäre Überlegungen und Praktiken verwendet, die Phänomene und Strukturen im Lerngeschehen mit Kindern erforschen.
Voraussetzung für solches Nachdenken und Handeln ist ein Lernort, der verschiedene Aspekte zeitgemäßer Bildung in seiner Einrichtung berücksichtigt.

Die Marbacher Pädagogik weiß sich in ihrer Entwicklung in der Spannung zwischen den reformpädagogischen Ideen der Aufklärung und modernen und offenen Organisationsformen von Unterricht im 21. Jahrhundert. Sie vermag keine Verwirklichung utopischer anthropologischer Vorstellungen sein und auch keine Wegbereiterin für funktionale Inhalte, die der Zeitgeist in ökonomischen und technologisierten Zusammenhängen bereithält. Stattdessen ergänzt die Marbacher Pädagogik die historischen Perspektiven auf Kinder der zurückliegenden dreihundert Jahre mit der Geschichtlichkeit von Kindheit.

Marbacher Pädagogik versucht in ihrer Praxis die Erkenntnisse der Humanwissenschaften zu reflektieren und mit den Erfahrungen aus der Arbeit mit Kindern abzugleichen. Das Zusammenwirken kritischer Kräfte auf der einen Seite und kindlichem Gemüt auf der anderen Seite schaffen pädagogische Ansatzpunkte, die sich immer wieder wandeln können.

Marbacher Pädagogik stellt sich selbstbewusst und erwartungsvoll den Unruhen unserer Zeit und den Unwägbarkeiten der Zukunft. Auch mit ihren Wurzeln in der Geburtsstadt Friedrich Schillers will Marbacher Pädagogik offen sein für andere kulturelle Spielräume und in folgende Epochen hineinwirken.

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Starker Auftritt im pädagogischen Geschehen

Jeden Morgen gehe ich in die Schule. „Wenn du dort nicht in Erscheinung trittst, dann kannst du auch daheim bleiben“, ruft ein Stimmchen in mir, während ich mir die über einen Tag lang wieder anstehenden Herausforderungen vergegenwärtige. Es ist meine Aufgabe, mich zur Verantwortung zu rufen und zu motivieren. „Gehe hin und zeige dich,“ ermuntere ich mich selbst.

Die Gegenwärtigkeit der Erwachsenen im pädagogischen Schulgeschehen kann auf sechs Kanälen sichtbar gemacht werden.
Die Gegenwärtigkeit der Erwachsenen im pädagogischen Schulgeschehen kann auf sechs Kanälen sichtbar gemacht werden.

Ich betrete den Schulsaal und zeige, dass ich mich hier auskenne. Was meine Aufgabe ist im Allgemeinen und in besonderen Situationen, das ist mir auch klar. Die Verbindungen zu den Schulangehörigen sind mir wichtig. Sie sollen das erleben. Mein Tun reflektiere ich genauso wie das, was ich erlebe und fühle.

„Ha, da siehste mal, bist auch ein lernendes Wesen. Gut, dass du jeden Tag zur Schule gehst.“

Lorenz Obleser

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Groß werden ist eine gute Aufgabe

Wenn vormittags im Unterricht das selbstverantwortete Arbeiten gefördert und gewürdigt wird, dann muss dieser Modus des Lernens nicht notwendigerweise in den Nachmittag daheim verlängert werden.

Vorschläge für Hausaufgaben für Kinder
Vorschläge für Hausaufgaben für Kinder · Liste bitte individuell ergänzen.
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Gegen Dumpfheit mit Wasser spritzen

Iring Fetscher Jahrbuch der Kinderliteratur 1979
Iring Fetscher im Jahrbuch der Kinderliteratur · 1979

Iring Fetscher gehört zu den großen demokratischen Geistern des 20. Jahrhunderts. Und er ist am 4. März 1922 in Marbach am Neckar geboren. Der Politikwissenschaftler, der mit seiner Untersuchung zu Jean-Jacques Rousseaus politischer Philosophie einen Beitrag zur Geschichte des demokratischen Freiheitsbegriffs schrieb, tauchte plötzlich wieder in einem Kinderbuch auf, das schon seit meiner späten Kindheit neben meinem Bett stand. Hans-Joachim Gelberg ließ Fetschers Gedicht „Warum es für große Leute keine Wunder gibt“ 1979 ins fünfte Jahrbuch der Kinderliteratur einrücken. Iring Fetscher selbst hatte uns zeitlebens noch erlaubt, sein Gedicht in Erinnerung zu rufen. Alle Jahre wieder tun wir das.

Jedesmal, wenn in Marbach am Neckar ein Kind zur Welt kommt, wird in dieser Stadt wieder zur Pädagogik angestiftet. Die Geburtsstation im Krankenhaus wurde 1974 aufgelöst.

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„Du musst jetzt ganz stark sein.“

Lorenz Obleser Stärke
Stärke ist eine Potenz der Leistung.

Es heißt, die Stärken seien hervorzuheben, das Kind solle nicht mit leichtfertig Defiziten konfrontiert werden. Gut. Das ist verständlich. Schule soll ja keine Mangelwirtschaft sein. Wie aber überall, so auch hier: Der Ton macht die Musik.

„Sie müssen jetzt ganz stark sein.“, sagt die Kommissarin, wenn sie in die Küche kommt, um eine schlimme Nachricht kundzutun. Der Witwer ist jetzt gefordert, sich zusammenzureißen, alle Sinne beisammenzuhalten. Er soll jetzt die Distanz zu seinen Emotionen wahren. Und meist gelingt das ja auch.
Stark soll auch der Auftritt der Abgasingenieurin sein. Sie muss in ihrer Präsentation mit allem aufwarten, was den Diagrammen Autorität verleiht und was die strukturellen Lücken im System kaschiert.

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Vorlesen: Lektüre mit Kindern

Titelvignette zu Benno Pludras „Reise nach Sundevit“
Titelvignette zu Benno Pludras
„Reise nach Sundevit“ –
1970er-Jahre

Was ich vorlese oder Kindern empfehle, selbst zu lesen, muss mich persönlich ansprechen, sei es, dass es mich interessiert, unterhält oder anregt, gar betroffen macht. Aus diesem Gemüt heraus bietet mit das Buch Anlass mit den Kindern über die Welt und ihre Geschichten zu reden. Das Buch lenkt uns dann nicht ab von der Wirklichkeit, in der wir leben und der Realität, wie wir sie ständig erfahren. Das Lesen schafft darüber hinaus eine Gemeinsamkeit, die mich mit den Kindern verbindet.

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Schule mit Kant

Obleser Immanuel Kant
Immanuel Kant
Zeichnung von Jolanda Obleser

Es war Immanuel Kant, der es formulierte: „Alle Cultur fängt von dem Privatmanne an und breitet von daher sich aus.“ ‚Über Pädagogik‘ heißt die 1803 erschienene Schrift, die man als Fanal zur Gründung einer anspruchsvollen Privatschule lesen kann. Kant zweifelte an der allein durch den Fürsten finanzierte Schule, da diese nicht das „Weltbeste“ beabsichtige, sondern nur zum Wohl des Staates lehre. Er ergänzte seine Vorbehalte mit der  Behauptung, die existierenden Schulen seien „verdorben“, „weil alles darin der Natur entgegen arbeitet, dadurch bei weitem nicht das Gute aus dem Menschen gebracht werde, wozu die Natur die Anlage gegeben.“ Anders als der in den Mühlen der Bildungsbürokratie wirkende Wilhelm von Humboldt schien Immanuel Kant geradezu ungeduldig, denn er forderte keine „langsame Reform, sondern eine schnelle Revolution“. Wir jedoch beruhigen: Jeder in seinem eigenen Tempo, sagt sich der Privatmanne mit Blick auf den etwas behäbigeren liberalen Staat. So wurde 2009 die Freie Schule Christophine gegründet. 

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Schule denkt und lernt im 21. Jahrhundert

Arbeitsblatt, gefertigt von einem Schulkind
Arbeitsblatt, gefertigt von einem Schulkind

Von Epoche zu Epoche verändert sich immer wieder der Begriff des Lernens. Die Attribute, die dabei dem Lernen zugewiesen werden, ergeben sich aus Beschreibungen des Denkens.

Sinngebung früher
In der Vergangenheit – bis hinein ins 20. Jahrhundert – wurde immer wieder das Bild des Baumes mit seinen sinngebenden Wurzeln, einem starken Stamm und den diäretischen Zweigen bemüht. Erkenntnisse aus solchen kausalen und linearen Zusammenhängen wurden mit dem Prädikat ‚systematisch‘ versehen und lektionenweise in Lehrbüchern wiedergegeben. Das Lernen war an An- und Unterweisung gebunden. Der Lehrer stand instruierend im Zentrum des mechanistischen Lernarrangements namens Schule.

Hierarchien überwinden
Inzwischen werden die Früchte der Erkenntnis aber auch von anderen Gebilden gepflückt. Myriaden von Myzelien werden an den Wurzeln der Bäume ausgegraben und auf ihre Wechselwirkung zum Baum hin untersucht. Das Ergebnis sorgt noch immer für Irritation unserer Vorstellungen von Hierarchie und Taxonomie. Das Informationszeitalter hat damit seine Metapher gefunden. ‚Rhizomatisch‘ spürt man dem Denken in Nervenbahnen nach und spannt ‚systemische‘ Netze, in denen das Lernen entdeckt wird. Als forschend und fokussiert auf ein Problem werden die Subjekte beschrieben. In Projekten entfalten sie die entsprechenden Prozesse. Das wird sichtbar in der zeitgemäßen Schule.

 Ich empfehle die Freie Schule Christophine.
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Bildung mit Kindern teilen

Ausprobieren, mit der Welt mitzurechnen
Ausprobieren, mit der Welt mitzurechnen

„Ich weiß, dass es zum Wissen genug gibt“, sagt ein Mädchen im Schulsaal. „An jedem Tag“, schiebt sie nach. Sie scheint erleichtert, eine gute Ablenkung vom Ausfüllen einer Rechentabelle im Heft Mathe-Ü gefunden zu haben. Man muss die Zuversicht des Mädchens anerkennen und selbst daraus eine Gewissheit schöpfen. Jeden Tag kann man Neuem begegnen, Unterschiede erfahren und dazulernen. So lauten die vom Schulkind gesetzten Vorzeichen, die es leicht machen, Wissen mit Lernen gleichzusetzen.

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